Segelschoner Albatros

2. September 2025

Auf dem 83 Jahre alten Segelschoner Albatros stechen junge Menschen gemeinsam mit erfahrenen Segler:innen in See und erleben dabei traditionelles „Tradi-Segeln“. Das Schiff ist im Sommerhalbjahr von Anfang Mai bis Ende September auf der Ostsee unterwegs, um Häfen wie beispielsweise Eckernförde, Kopenhagen, Malmö, Neustadt/Holstein, Sassnitz auf Rügen oder Wismar anzulaufen.

An Bord gibt es immer reichlich Arbeit: Segel setzen und bergen, bei Manövern mit Anpacken, Navigation und Wetterbeobachtungen unterstützen, bis hin zur berühmt berüchtigten „Backschaft“ sprich Küchenarbeit. Doch im Team kann selbst das Spaß machen.

Eigner dieses wunderschönen Schiffes ist der Verein Clipper DJS e.V. Bei Interesse an diesen erlebnisreichen Törns lohnt sich ein Blick auf „Törnplan/Clipper e.V.“

Segelabenteuer mit Traditionsbewusstsein passen sehr gut zu unserer Stiftungsidee. Die ErlebnisAbenteuerStiftung ist eine langjährige Unterstützerin des aufwändigen Erhalts der Albatros.

657 Seemeilen Freiheit – Zwei Wochen unter Segeln auf der Albatros

Ein Törn, der anders war

Es gibt Segeltörns. Und es gibt Segeltörns, die bleiben. Zwei Wochen auf der Albatros, und wir wissen: Dieser Törn gehört zur zweiten Kategorie. 657 Seemeilen haben wir zurückgelegt. Davon 596 – über 90 Prozent - unter Segeln. Keine Flucht in den Hafen, kein vorschnelles Starten der Maschine. Wir segelten. Wir warteten Flauten ab. Wir passten unsere Pläne dem Wind an - und nicht umgekehrt. Ein Gefühl, das man spürt, wenn man die See und das Segeln wirklich liebt.

„Es rauscht wie Freiheit. Es riecht wie Welt. Natur gewordene Planken“ – die Worte von Joachim Ringelnatz kamen uns in diesen Tagen immer wieder in den Sinn.

Start in Wismar – mit Sonne und Vollmond

Der erste Samstag: Proviant an Bord, Wachen einteilen, Sicherheitseinweisung. Gegen Nachmittag heißt es „Leinen los“. Strahlender Sonnenschein begleitet uns hinaus auf die Ostsee. Die Nacht segeln wir durch – unsere erste Nachtwache unter einem riesigen Sternenzelt. Hinter uns ein Vollmond, vor uns eine zartrosa aufgehende Sonne, und direkt über uns das schimmernde Band der Milchstraße. Wir erkennen den Schwan, den Fuhrmann, und dazwischen Capella. Ein leiser Auftakt für das, was kommt.

Kap Arkona – und ein stiller Ankerplatz

Am Sonntagmittag zieht Kap Arkona an uns vorbei. Bereits 100 Seemeilen liegen hinter uns. Böen bis 7 Bft kündigen sich an. Wir suchen Schutz in einer Bucht östlich der Kreidefelsen. Der Anker fällt, die Backschaft zaubert Apfelmuffins, wir wässern das Deck und genießen Sonne, Ruhe und das Gefühl, angekommen zu sein. Nachts halten wir Ankerwache, Perseiden flitzen über den klaren Himmel. 

Segeln statt Motoren – Kurs Kolberg

Montagmorgen, der Wind schläft ein. Wir sind uns einig: Die Maschine bleibt aus. „Wir sind hier zum Segeln“, sagt der Kapitän. Niemand widerspricht. Stattdessen sitzen wir die Flaute aus. Langsam gleitet die Albatros weiter, 2 Knoten vielleicht, aber wir haben Zeit. Pläne? Flexibel. Am Dienstag erreichen wir Kolberg in Polen. Es ist ein heißer Tag an Land: Strand, Altstadt, Piroggen und Dom. Die kühle Brise von See fehlt, aber die Vorhersage ist eindeutig: Der Wind wird zurückkommen.

Simrishamn – und ein Hauch von Lavendel

Am nächsten Tag legen wir wieder ab, Bornholm zieht am Horizont vorbei. Dann erreichen wir Simrishamn im Süden Schwedens. Lauer Sommer, Fika an Land: Zimt- und Kardamomschnecken, Kaffee und ein Eis in der Sonne. Die Wärme erinnert an Lavendel – obwohl wir wissen, dass der hier nicht wächst. Wir lachen, genießen den Duft des Hafens, und tanken Energie für den nächsten Schlag.

Nach Süden – und das große Kreuzen

Am Samstagmorgen heißt es: Leinen los, Segel hoch, und Kurs Süd. Doch Ustka in Nordpolen bleibt ein Ziel, das wir nicht erreichen. Kurz vor dem Hafen zu viel Welle von achtern, es ist zu riskant. Wir drehen ab und kreuzen nach Westen. Tag und Nacht, mit wechselnden Winden, gegenan. Wir segeln ohne Maschine und leisten uns kein bequemes „Aufgeben“ Stattdessen: Wende um Wende, mit vier Leuten, Ruhe, Rhythmus, Verantwortung. Die Albatros gleitet durchs Wasser, und wir spüren die Kunst des Segelns:pur, unverfälscht, mit jeder Welle. 

Zeit wird relativ

Die Tage verschwimmen. Nächte werden zu Tagen, Tage zu Nächten. Keine Küstenlinie, kein Handyempfang, nur wir, das Schiff, das Meer und der Himmel. Man verliert das Gefühl für Stunden, lebt im Hier und Jetzt. Ab und zu ruht sich ein Vogel an Deck aus, schaut sich um, und fliegt weiter. Wir steuern, halten Ausguck, schlafen, essen, segeln. Und wir merken: Mehr braucht es nicht.

Rügen – und die letzten Seemeilen

Am Dienstag tauchen die weißen Kreidefelsen von Rügen wieder am Horizont auf. Stralsund liegt vor uns. Nach fünf durchsegelten Tagen und Nächten nehmen wir die Klappbrücke um 12:20 Uhr, legen souverän an und gönnen uns einen Tag an Land. Donnerstag ein letzter Schlag nach Sassnitz, um 23:55 Uhr sind wir fest. Freitag: Landtag, Großreinschiff, Spaziergänge, Fischbrötchen. Samstag: Abschied. Es fällt schwer, loszulassen.

14 Tage und 657 Seemeilen liegen hinter uns, und das Gefühl, etwas Besonderes erlebt zu haben. Zwei Wochen, in denen wir uns treiben ließen – nicht vom Zufall, sondern vom Wind.Wer einmal so gesegelt ist, der weiß: Das Meer lässt einen nicht los. Schon auf der Heimfahrt spüren wir wieder die Sehnsucht nach Freiheit, nach Wind, nach dem Leben an Bord.

Wir freuen uns aufs nächste Jahr. Auf ein Wiedersehen mit der Albatros.

Text und Bilder: Andrea Hulley

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